Kolping Krankenkasse verschwindet
Kolping verlässt die Krankenkassen-Arena
Ende nach 131 Jahren: Die Krankenkasse Kolping stolpert über Missmanagement und zu tiefe Reserven. Sie muss sich von Sympany übernehmen lassen.
Es war die Zeit der grossen Träume. «Obwohl wir seit 123 Jahren tätig sind, kennt man uns viel zu wenig», sagte Martin Leutenegger 2008. Der Verwaltungsratspräsident der Kolping-Krankenkasse hatte damals einen sieben Jahre laufenden Sponsoringvertrag mit der Stadt Kloten und den Kloten Flyers unterschrieben. Der Versicherer durfte fortan seinen Namen auf die Spielstätte des Eishockeyclubs setzen und hoffte so, schweizweit bekannt zu werden. Dafür floss reichlich Geld. Für die Umbenennung des Klotener Schluefwegs in Kolping-Arena zahlte das Unternehmen jährlich einen «grosszügigen sechsstelligen Betrag».
Acht Jahre später muss Leutenegger weniger Erfreuliches bekannt geben. Die von ihm präsidierte Krankenkasse hat ihre Reserven im Jahr 2014 um rund 7 Millionen Franken zu tief angesetzt. Als Folge der nachträglichen Korrektur resultiert in der Jahresrechnung 2015 nicht die geplante schwarze Null, sondern ein Minus von 7,4 Millionen. Das brachte Kolping in eine finanziell gefährliche Lage. Ihr blieb als Ausweg nur noch die Aufgabe der Unabhängigkeit nach 131 Jahren. Das Unternehmen rettet sich mit seinen 26’000 Versicherten, davon 17’000 im Grundangebot, unter das Dach der Basler Konkurrentin Sympany.
«Übersicht über Forderungen verloren»
Die Probleme bei Kolping begannen schon vor längerer Zeit. Das Management der Krankenkasse hatte sich zum Ziel gesetzt, stets genau nach Vorschrift abzurechnen. Fanden Sachbearbeiter bei einer von Kunden eingereichten Rechnung auch nur ein kleinstes unstimmiges Detail, wurde sie abgelehnt. Die Folge waren viele Auseinandersetzungen mit Spitälern und Ärzten. Das kostete Zeit, Geld und Aufmerksamkeit. «Irgendwann ging dann die Übersicht über die ausstehenden Forderungen verloren», erzählt ein Insider.
Im Sommer 2015 spitzte sich die Lage bei Kolping zu. Die Aufsichtsbehörde schritt ein. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) forderte vom Management des Unternehmens mit Sitz in Dübendorf, Servicecenter in Versoix und 17 Geschäftsstellen in der ganzen Schweiz umgehend Korrekturmassnahmen. Daraufhin wurden operative Abläufe verbessert und das interne Kontrollsystem angepasst.
Zweiter Verlust in Serie
Das Management selbst hatte noch wenige Monate zuvor ein ganz anderes Bild von der Lage gezeichnet. Man sei «auf sehr guten Wegen», schrieb es im Jahresbericht 2014. Es resultiere ein «erfreulicher Gewinn» von 5,95 Millionen Franken. Er werde dazu genutzt, die Reserven zu stärken. Sie seien genügend dotiert.
Auch das stimmte so nicht, wie man heute weiss. Das Bundesamt für Gesundheit hatte bei seiner verschärften Kontrolle auch die finanziellen Polster von Kolping unter die Lupe genommen. Dabei hat es festgestellt, dass die Rückstellungen für unerledigte Schadenfälle viel zu gering angesetzt worden waren. Mit anderen Worten: Statt des «erfreulichen Gewinns» hätte Kolping 2014 erneut einen Verlust ausweisen müssen. Nach einem tiefroten Minus von 4,7 Millionen im Vorjahr hätte 2014 nochmals eines von 1,1 Millionen resultiert.
Am 21. Juni ist Schluss
Sympany übernimmt nun alle Versicherten und 37 Mitarbeitende von Kolping. Man verfüge über «die Finanzkraft sowie das Know-how, um den Versicherten und Mitarbeitenden eine stabile Zukunft zu garantieren. Sie können sich auf uns als fairen und kompetenten Partner verlassen», verspricht Firmenchef Ruedi Bodenmann.
Kolping-Präsident Leutenegger wird am 21. Juni seine letzte Generalversammlung leiten. Dann wird die Fusion mit Sympany von den Anteilseignern abgesegnet und rechtlich vollzogen. Den Sponsoringvertrag von 2008 muss Leutenegger bis dahin nicht mehr auflösen. Er ist ausgelaufen. Das Stadion der Kloten Flyers heisst seit dem 1. Mai 2015 Swiss Arena.
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